Jesus sieht sich auf die Zinnen des Tempels gestellt, der für Gott erbaut worden war, gefallen war und wieder aufgebaut worden ist. Was aufgebaut ist und seine Höhe erreicht hat, kennt auch die Tiefe, aus der heraus es aufgebaut worden ist, weiß von der Kraft, die es wieder hinabziehen will - und es einmal auch wieder zerfallen lassen kann. ‚Wirf dich hinunter!’ <Er wird seinen Engeln befehlen über dir, daß sie dich bewahren.>
Des Menschen Herz will an die Worte glauben, klammert sich an die Zusage, traut dem Wort, weil tief in ihm etwas danach verlangt, sich tragen zu lassen - und bewahrt zu sein. In jedem Ich antwortet es auf „sie werden dich auf den Händen tragen“. Engel sind es, die ihn tragen werden. Kein Fuß wird an Steine stoßen, die einem auf dem Wege liegen. Die Menschen und ihre Zugriffe werden niemanden mehr zu Fall bringen.
Jeder glaubt irgendwann daran, daß es nur für ihn gesprochen ist, das Wort: <Wenn auch Tausend fallen zu deiner Seite, und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen!> (Ps 91) Die Worte fallen hinein in ein erwartendes Leben, in die Leere des Hungers und in das Warten auf Erfülltwerden. <Ich bin bei ihm in der Not!> hat jedes ich sich zugesprochen gedacht und erst recht für sich selber gelten lassen wollen: <Ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil!>
Einen Schritt nur hat er zu tun, hinaus ins Leere, um die Erfahrung zu machen, daß zehntausend fallen, den Einen wird es nicht treffen. Und jedes Ich verlangt und fordert und ist Gott gram um dieser Verheißung und um des Glaubens willen, der sich an diese Worte hängte.
Ein ‚Nein’ den verheißenden Verlockungen entgegen zu halten, das erbringt dieser Mensch, der auf der Höhe steht und sieht. Er tut den einen Schritt nicht, widersteht der Versuchung dazu, leistet Verzicht auf den Anteil an der Macht und an ihrer Herrlichkeit.
Für einen einzigen Augenblick sieht er die Reiche der ganzen Welt, ihren Glanz und ihr Elend und kann sein Nein dazu sagen und es aushalten und ertragen, keinen Anteil daran zu haben und einen Vorteil zu gewinnen.
Auch der Satan hat schwer zu tragen an seiner Macht und an denen, denen er ihren Anteil daran geben muss. Vielleicht spricht es auch im Satan so, wie einmal Mose gesprochen hatte: <Ich kann das Volk nicht tragen - es ist zu schwer.>
Es sind so viele Völker und Reiche in der ganzen Weit.
Es sind keine Worte mehr nötig, um das auszudrücken, wonach das Leben verlangt: <Errette mich vor den Leuten dieser Welt, die ihr Teil haben schon im Leben, denen du den Bauch füllst mit deinen Gütern, deren Söhne auch noch satt werden und ihren Kindern ein Übriges hinterlassen!>
Jesus gibt seine Antwort, ohne Gott vorzuhalten, was das Wissen sagen könnte, ohne herzufallen über die Worte, welche die Macht versprechen und den Schutz, und sie sich zu eigen zu machen: und sie gegen Gott zu wenden.
Nach den vierzig Tagen und ihren Nächten, in einer Wüste, in die niemand aus freiem Willen geht, in die nur der Geist einen führt und dann auch die Antworten werden läßt, steigt das Beten auf zum Himmel, der ein anderer Himmel ist als der Himmel, der über der Macht und ihrer Herrlichkeit sich auftut: < I c h aber will schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit, i c h will satt werden, wenn i c h erwache, an deinem Bilde!> (Ps ?)
Ein anderes Ich spricht, glaubt, denkt, als das Ich, was die Menschen ihr eigen nennen, und das ihnen doch nur übergeben ist, von dem, der die Macht hat und sie gibt, wem er sie geben will.
Dann kommt das Erwachen und die Erkenntnis, daß er alleine ist und daß er Hunger hat. Dann erfüllt ihn das Wissen: <Der Geist des Herrn ist bei mir, darum weil er mich gesalbt hat.>
Ströme lebendigen Wassers sind über ihn geflossen, mit einer anderen Salbe, als sie für Könige und die Herren der Welt gebraucht wurde, ist sein Körper gesalbt worden. Wenig wissen sie alle davon, daß auch dies nur ein Gleichnis ist, wie die Gewänder der Macht und der Herrlichkeit, mit der sich die Großen bekleiden, um erhöht zu sein über allem Volk.
Es ist nur ein Augenblick, daß er die Macht auf der Erde sehen kann und die Herrlichkeit, die sie unter den Völkern hat.
Ein ungeheurer Strudel ist es, wie sie die Gewalten des Himmels oder die Mächtigkeit der Gewässer haben, um alles in sich hineinzuziehen, die Kraft der Menschen, die Kraft der Liebe, die Lichtigkeit ihres Gemütes. Alles wirbelt um den Hunger, den sie auf ihrer Erde haben und den sie zu sättigen haben. Sie schaffen sich Macht und umgeben sie mit Herrlichkeit.
Das Volk aber muss weitergehen auf seinem Weg, das Volk, das nur selten seine Stimme erheben kann: „Die Stiefel der Soldaten, die dröhnend stampften, und ihre blutbefleckten Mäntel sind verbrannt, sind ein Raub der Flammen geworden!“ (Jes 9 Balla 474) <Denn uns ist ein Kind geboren, uns ist ein Sohn beschert!> haben sie in ihrer Freude gesungen, gegen das Elend und gegen das Dunkel ihres Lebens. Von einem andren ‚Königreich’, von einer andren Macht und von einer andren Herrlichkeit ging da die Rede, wo die Freude über die Geburt eines Kindes zur Herrlichkeit wurde, die allen zuteil wurde. Und wo ‚des Friedens kein Ende’ ist.
Gegen die Stimme der Hoffnung spricht die Stimme eines Menschen, dem Macht gegeben worden war: < I c h hab’s durch meiner Hände Kraft ausgerichtet und durch meine Weisheit, denn ich bin klug!> Eine fremde Stimme sprach: < I c h habe die Grenzen der Länder anders gesetzt und ihre Schätze geraubt und wie ein Stier die Bewohner zu Boden gestoßen.>
Ein Mensch der Macht sprach von sich: <Meine Hand hat gefunden den Reichtum der Völker wie ein Vogelnest, und ich habe alle Länder zusammengerafft, wie man Eier sammelt, die verlassen sind: kein Flügel regte sich, und kein Schnabel sperrte sich auf und zirpte.> (Jes 10) Da sprach ein ICH, dem Macht übergeben war und Herrlichkeit.
Die Stimmen der Macht werden auch weiterhin so sprechen. Die Hände der Macht werden auch weiter zugreifen und nehmen. Ihre Hände sind Menschen, die atmen und marschieren, und dabei hoffen und leiden, und ihr Leben erhalten wissen wollen und deshalb Anderer Leben nehmen und töten müssen und sind selber die, welche in den Tod gehen, um der Macht willen, die sie alle in sich hineinzieht. Die Herrlichkeit, an die sie glauben, das wird sie alle ergreifen und verzehren. Eine Flamme brennt ungetrübt von den Opfern, denen das Leben entgeht. hängt.
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