Kapitel 2, Vers 8/3

Daraus wurden die Geschichten, wie sie die Hirten erzählten, aus den Erfahrungen der Wanderungen und dem Wissen aus vielen hundert Jahren erwachsen, weil sie festhielten an ihren Bräuchen, am Glauben und an ihren Erinnerungen.

Ein Kind wurde in derselben Gegend geboren. Für das Kind machten sich die Hirten auf, um ihm nahe zu sein und um denen zur Seite zu stehen, die sein Leben trugen.

Es kommt auch auf sie zu, was in ihren Geschichten zuhause ist. Sie waren auf dem Feld zu Hause und mussten des Nachts als Hüter stehen gegen das Furchtbare, was aus dem Dunkel hervorbrechen konnte oder als „der Schrecken der großen Finsternis“ in sie einbrechen wollte.

<Der deinen Mund fröhlich macht und du wieder jung wirst - wie ein Adler!> (Ps 103), - das war als ein Sagen bei ihnen geblieben, hatte manche ihrer Verletzungen geheilt, hatte ihren Mund fröhlich bleiben lassen und gab ihnen die Worte, die auch andere froh machten. Sie hatten die Lieder und brauchten ihre Hände und das Wissen, das sie gesammelt hatten und heilten und verbanden und trugen ein Neugeborenes, ein Tier oder auch einen Menschen, wenn es nötig war.

<Siehe!>: Es kam ein Sehen auf sie zu, als sich der Himmel auftat und sie sehen ließ, wie aus der Ordnung der Sterne und ihrem Strom das Leuchten sich löste und zu ihnen kommen ließ.

Es war nicht der ‚Schrecken der großen Finsternis’, aber es wurde zu einem Schrecken, der von dem Leuchten kam und das Entsetzen in ihnen weckte, was geschlummert hatte, nur manchmal im Schlaf das Entsetzliche ahnen ließ, was im Finsteren verborgen ist, die Angst anrührte, die in allem enthalten ist, was Leben hat -. Und besonders die Angst, die in den Herzen der Menschen ihr Zuhause hat, und wovon der fröhliche Mund nicht reden mag. Der Glanz des Himmels rührte sie an, sodass sie sich auf den Weg machten, in der Nacht, um einem Kinde nahe zu sein, das gerade geboren wurde, um seiner Mutter nahe zu sein, die ein Kind Gottes getragen hat.

In dieser Nacht, die das Licht durchbricht, das im Himmel ist, gibt sie dem Kind das Leben.

Sie wollten dem Kind nahe sein, um ihm den Dienst der Hüter zu tun und des kleinen Lichtes zu hüten, wie sie über das Leben von Tieren und Menschen Hüter waren und Kenner aller Hilfen, die gebraucht wurden, weil sie ansichtig gewesen waren des Lichtes und der Engel, die sagen konnten: <Fürchtet euch nicht!>

Das Licht muss sich zu erkennen geben, als eine Stimme, die aus dem Finsteren herkommt.

Das Licht weiß um die Furcht, die in den Menschen ist und weiß um die verborgene Angst, und muss darum erst Vertrauen wecken.

Aus dem Sehen und Empfangen der Botschaft springt die Furcht dem Licht entgegen, weckt alle Abwehr, die im Lebendigen ist. Das Licht muss sich erst zu erkennen geben als eine Stimme, die die Furcht und ihr Fürchten besänftigt. Dann ist keine Furcht mehr in ihnen, als sie hingegeben dem Offenbaren gegenüber stehen. Da hat auch die Furcht vor dem Verderben sie verlassen. Sie wollen auch das dem Kind bringen und ihm geben, womit sie gelebt haben und was sie bewahrten, die vielen hundert oder tausend Jahre, in denen die Hirten über die Erde zogen: Als Hirten Hüter waren nicht nur der Tiere, sondern auch der Grenze, die zwischen dieser Welt und der Welt der Engel ist, und der Grenze, die zwischen der kargen Welt, auf der sie leben, ist und jenem Dunkel, aus dem der Schrecken kommt, aus der Leere, die so voll ist mit Angst.

Sie sind Hüter auf der Grenze, die zwischen diesem Heute und dem Entsetzlichen liegt, vor dem die Menschen sich durch eine Grenze geschützt glauben wollen: vor dem, was auf sie zukommt. Das Licht bricht hervor, vor dem sie das Entsetzen packt und die Furcht. Das Licht selber spricht: <Fürchtet euch nicht!> Das Licht weckt Worte, weckt Gewissheit, in dieser Nacht: <Siehe!> Nicht mehr verborgen ist die Stimme des Lichtes, die vom Himmel in der Nacht zu ihnen dringt und die Sprache des Herzens spricht, vor der das andre Reden in der Welt verstummt.

<Große Freude, die allem Volk widerfahren wird!> verheißt die Stimme und macht den Schmerz wieder sichtbar, den das Leben trägt und macht zugleich das Leiden tragbar um die, denen nie die Große Freude widerfahren war, denen auch nie ein Heiland geboren worden war.

Sie waren alle geboren worden und niemand erzählte ihre Geschichten, die sie gelebt und erlitten hatten und niemand wollte die Erwartungen kennen, mit denen sie alle durchs Leben gegangen und still wieder fortgegangen waren, nachdem sie nie die ‚Flamme Israels’ gesehen hatten.

Es waren Hirten gewesen, damals, auf dem Feld, ihrem Teil der wüstliegenden Welt, auf der sie das Leben hüteten. Sie hüteten Worte, die schon bedroht waren von den Geschehnissen, die kommen sollten.

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